Nowalingu’s letzter Tag

Mit einem geschäftigen Rascheln und Knistern beginnt Nowalingu’s letzter Tag im Morgengrauen. Ihr Stamm verlässt das errichtete Nachtlager in den Bäumen, um weiter gen Osten zu ziehen. Schon seit drei Generationen werden die Tage immer wärmer und feuchter. Riesige Flussebenen und Sumpfgebiete bedecken das Land bis zum Horizont, in denen tausende Tiere leben. Die Vogeljagd war erfolgreich, doch bis sie ihr Hauptdorf in den höheren Ebenen des Yikaluru erreichten würde es noch 2 Wochen dauern.

Kleine Kanus in denen jeweils zwei Erwachsene stehen konnten, begleiteten sie über das unwegsame Gebiet. Somit waren sie auch einigermaßen sicher vor Krokodilen. Nowalingus Mann Ridjimiraril war ein geschickter Krieger, so dass sich die stapelnden Sumpfenteneier in ihrem Boot gelb-orange in der aufgehenden Sonne spiegelten. Sie war stolz, dass er sie diesmal als Begleitung für die Jagd mitgenommen hatte und seine beiden älteren Frauen zu Hause die Kinder hüteten. Ridjimiraril war sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war Nowalingu, seine jüngste, unerfahrendste Frau, mitzunehmen. Aber sie erwies sich als geschickt und weniger träge. Zufrieden hörten beide  den lustigen Geschichten der Alten zu, als dichter Regen von den Wolken fiel. Nach und nach ebbten die Gespräche ab, Wasser musste aus den Booten geschöpft werden und lautes Rauschen umgab die kleine Gruppe der Aborigines.

Sie erreichten einen großen See. Sein Wasser war salzig, weshalb nur hier der Tang wuchs, den sie zum dichten und befestigen ihrer Weidenzelte gebrauchten.

Während die Gruppe an dem Ufer des Sees entlang gleitete, sammelten die Frauen den Tang mit hakenförmigen Stöcken.

Zu spät gewahrte Nowalingu den Schatten im Wasser… das Krokodil schnellte blitzartig aus dem Wasser und bohrte seine Kiefer in Nowalingus Schulter. Sie schrie auf, versuchte sich krampfhaft am Boot festzuhalten, aber das Gewicht und eine rasche Kopfbewegung des Reptils zerrten sie ins Wasser. Ridjimiraril schlug mit dem Ruder auf das Krokodil ein bis er endlich seinen Speer zu fassen bekam, doch alles was er sehen konnte war eine sich ausbreitende Blutspur. Verzweifelt warf er seinen Speer dort hin, wo sich letzte Wasserwirbel zeigten. Der Speer traf den Rücken des Krokodils, schwamm mit ihm ein Stück weiter und verschwand….

 

Jim Bowler entzog sich wieder einmal einem Streit mit seiner Frau.

Wortlos setzte er sich in seinen Wagen, drehte das Radio auf  – und sobald er aus der Sichtweite seines Gewissens war, auch seine Zigarette. Er wollte einfach nur raus. Abgesehen davon, dass Canberra noch im Aufbau war, war der Busch sein wahres zu Hause, zumindest fühlte er sich da wohl. Gut das Steine keinen Mund haben, dachte er sich, warum haben Frauen dann gleich zwei? Jim lächelte in sich hinein und drückte aufs Gas. Letztes Wochenende hatte er am Mungo Lake ausstreichende Schichten entdeckt, vielleicht konnte er sie ja irgendwie in die noch sehr karge Stratigraphie einordnen. Gerade an Seen boten sich ausgezeichnete Datierungsmöglichkeiten. Er war Geologe.

Die Hitze war erträglich, deshalb war auch der See relativ unbesucht.

Nachdem er einige Kilometer am Ufer entlang spazierte und immer mal hier und da ein Bruchstück aufhob oder schlug, kam er endlich an eine Stelle in der die Schichten wunderbar heraustraten. Er griff zu seiner Fotokamera und wollte gerade seinen Hammer als Maßstab in die relativ jungen, weichen Schichten hauen, als ihm ein ungewöhnlich großer Stein in den feinen Tonschichten auffiel. Jim fing an zu buddeln und zu seiner Aufregung kristallisierten sich zwei Augenhöhlen heraus. Er wurde vorsichtiger, und löste den Schädel nicht ganz heraus. Er machte ein Foto verdeckte den Schädel mit Grünzeug und fuhr auf der Stelle zurück nach Canberra zu seinem Freund Collin, Wissenschaftler am Museum of Nature.

Jims Ahnung sollte sich mehr als bestätigen. Der Schädel, der nur der Anfang eines nahezu kompletten weiblichen Skelettes war (nur Teile der linken Schulter fehlten, was für ein Zufall , wurde auf 60000 Jahre datiert. Auch damals war Australien schon eine Insel. Wie konnten sich Menschen dann vor so langer Zeit hier entwickeln? Diese Frage beschäftigte Jim ein Leben lang….

 

Heute wird die Präsenz der Aborigines auf 45000 Jahre angesetzt. 45000 Jahre in völliger Isolation. Dies bedeutet, dass die Aborigines die älteste, unveränderte Kultur der Welt haben! Und da sie auch nie ein Konkurrenz hatten, mussten sie sich technisch und physisch nicht weiterentwickeln, als für ihr Überleben notwendig. Deshalb ist ihre Physiognomie stark an die Natur angepasst. Mit dünnen, schnellen Beinen, ledrigen breiten Füßen und großen Augen mit langen Wimpern. Außerdem kennen sie in ihrer Sprache keine Worte wie gestern, heute oder morgen für sie ist Zeit absolut bedeutungslos, auch wenn wir das gar nicht mehr nachempfinden können. Eine schöne Anekdote aus James Cook Logbuch ist:

„… die Ureinwohner schienen uns gar nicht wahr zu nehmen. Als wir mit unseren Schiffen strandeten schauten sie nur kurz auf und konzentrierten sich dann gleich wieder auf ihren Fischfang.“

Weil für die Aborigines immer alles kam und wieder ging, sie wussten nicht, dass die Europäer bleiben würden….

 

Im 19. Jahrhundert wären die Aborigines beinahe durch die Krankheiten, die die Europäer mitbrachten ausgestorben. So starben von den anfangs schätzungsweise 330000 Aborigines 260000. „Nur“ 20000 davon vielen durch Kräueltaten der Weißen zum Opfer, was ich nicht gedacht hätte. Eine grausame Geschichte, die ich besinders bewegend fand, war die, dass einige Weiße Männer zum „Spaß“ eine Aborigine-Frau gefangen nahmen, zu einem Baum schleiften, auf den sie schnell geflüchtet ist. Und dann mit ihren Gewehren in den Baum schossen. Immer wenn eine Kugel die Frau traf steckte sie sich blätter in die Wunde, bis sie tot zu boden fiel. Das ist aber nur ein Beispiel von vielen, meist noch schlimmeren Taten auch an Kindern.

 

1926 wurden die letzten Aborigines ermordet. Wobei bereits 1838 die erste Gegenbewegung begann, in der die ersten Städter gegen das Gemetzel waren. So kam es zu einem Prozess bei dem Männer freundlich gesinnte Aborigines zu einem Haufen zusammen banden und danach erschossen. Einer der Männer verteidigte seine Tat tatsächlich mit der Antwort, dass er nicht wusste, dass es verboten sei auf Aborigines zu schießen.

 

1967 wurde den Aborigines dann endlich auf einem Papier die Gleichberechtigung eingeräumt. Die meisten Aborigine leben heute im Northern Territory, also quasi in meinem Staat. Das lustige ist jedoch, das die Sitze im Parlament prozentual zur Bevölkerung verteilt sind. Da im N.T.nur rund 500000 Seelen leben haben sie auch nur 2 Sitze von 127!

das ist weniger als Tasmanien)

1969 war Jim Bowlers Fund.

2006 betrat Alex die „Insel“ und alles sollte sich ändern….

 

Aber nicht nur die Aborigines sind die Ureinwohner auch die vielen Termiten, Spinnen, Schlangen, Opossums, Koalas, Wombats, Flugfüchse, Emus, Kängurus, Krokodile und Dingos. Aber auch der berühmte Eukalyptus, von dem es sage und schreibe 900 Arten in Australien gibt.

Übrigens ist es sehr beunruhigend zu wissen, dass in einem Land, wo es die meisten giftigen Tierarten gibt, es noch mehr giftige Pflanzenarten gibt als Tiere. Da gibt es welche, deren Dornen zu tödlichen Infektionen führen können, wenn man sie nicht sofort entfernt oder welche deren Saft zu Blindheit führt oder oder oder…

 

Ein paar Besonderheiten hab ich mal rausgepickt:

Der Königseukalyptus ist zum Beispiel mit 95m höhe mit der größte Baum der Welt. Eine andere Eukalyptusart (deren Name, wie ihr merkt, ich schon wiedermal  vergessen habe) produziert überschüssiges hoch entzündliches Öl,lässt es dann auf die Pflanzen in den unteren Stockwerken tropfen. Diese Tropfen erzeugen unter anderem auch einen „Lupeneffekt“ wovon sie sich selbst entzünden und die Bäume so ihre Konkurrenz einfach einäschern. Denn selber haben sie in ihrer Rinde auch Wasser gespeichert, dass sie nicht so hitzeempfindlich ist.

Desweiteren gibt es hier 3,5m lange Regenwürmer, mit 5-10cm Durchmesser.

Diese sind auch in einem „Extrazoo“ zu betrachten.

Wovon ihr auch noch erfahren müsst, sind die riesigen, beeindruckenden Termitenhügel! Von 2-5m Höhe. Wobei die Termiten für 5m Hügel 150 Jahre benötigen. Glücklicherweise ist mein Bürozimmergenosse Ameisenexperte. Er beschäftigt sich mit den „magnetischen“ Termiten.

Diese bauen ihre „Burgen“ immer in Ost-West Richtung, um eine ideale, konstante Temperatur im Inneren zu gewährleisten. Außerdem hat mein netter Zimmergenosse (ein aus China stammender Australier mit dem schönen Namen Renkang Peng) Experimente durchgeführt, in denen sie diese Termiten einem künstlichen, dem Erdmagnetfeld um 90° verschobenen Magnetfeld ausgesetzt haben, und auch die Termiten legten ihre Straßen um 90° versetzt an. D.h. Sie haben irgendwelche Sensoren in oder an ihren Antennen, die immer das stärkste Magnetfeld ausmachen. Meine Idee: die Herstellung eines Bio-Termitenkompass mit Vermarktung an alle Reformläden. Man müsste den Kompass dann nur mit genügend Cellulose versorgen. 🙂

Erwähnung sollen auch die Schwärme der Fugfüchse bekommen, die bei Dämmerung den ganzen Himmel überziehen. Als ich hier neu gestrandet war, hielt ich sie immer für Vögel, da ihr Flügelschlag so langsam ist und ihre Spannweite mit schätzungsweise 50cm oder mehr auch eher an die gefiederten Freunde erinnern. Aber irgendwann hab ich die Spitzöhrchen gesehen und die nach hinten weggestreckten „Beine“. Durch ihre Größe kommt man hier schon viel eher auf den Gedanken, das sich Transilvanien auf Australien befindet, und nicht irgendwo in den Tiefen Rumäniens. Ich würde behaupten die Vertreter der Art hier sind die größten fliegenden Säuger.

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